Einmal ist keineswegs kein Mal! 

Mit Beschluss vom 6. Juni 2018  (Az.: 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14), veröffentlicht am 13. Juni 2018, verwarf das BVerfG die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu sachgrundlosen Befristungen und bestätigt die Verfassungsmässigkeit deren Beschränkung durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Da rund 9% aller Arbeitsverhältnisse in Deutschland sachgrundlos befristet sind und diese Quote bei jüngeren Arbeitnehmern zwischen 20 und 30 Jahren sogar bei 30% liegt, hat die Entscheidung große praktische Bedeutung.

§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG erlaubt die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur, wenn zwischen den Arbeitsvertragsparteien vorher noch kein Arbeitsverhältnis bestanden hatte. Diese Regelung legte das Bundesarbeitsgericht seit 2011 einschränkend dahingehend aus, dass eine frühere Tätigkeit für dasselbe Unternehmen dann keine Relevanz mehr habe, wenn zwischen der Vorbeschäftigung und der neuen Befristung mehr als drei Jahre vergangen sind.

Das BVerfG erklärte diese Auslegung nun für verfassungswidrig. Es warf dem BAG eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung vor, weil dieses sich über den Willen des Gesetzgebers hinweg gesetzt habe. Im Gesetzgebungsverfahren war bewusst auf eine Karenzfrist, wie sie das BAG mit seiner Auslegung einführte, verzichtet worden.

Künftig sind sachgrundlose Befristungen damit unwirksam, wenn der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber früher bereits beschäftigt war. ‎Unwirksam sind auch bereits vereinbarte Befristungen, die im Vertrauen auf die Rechtsprechung des BAG abgeschlossen wurden. Im Ergebnis werden deshalb etliche in den letzten zwei Jahren sachgrundlos befristet abgeschlossene Arbeitsverträge unbefristet fortbestehen, wenn die betroffenen Arbeitnehmer sich auf ihre länger zurückliegende Vorbeschäftigung berufen.

Anders sieht das BVerfG dies nur dann, wenn ein unbeschränktes Vorbeschäftigungsverbot nicht erforderlich ist, um Kettenbefristungen zu verhindern und das Modell des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform zu sichern. Davon könne beispielsweise auszugehen sein, wenn die Vorbeschäftigung sehr lang zurück liege, ganz anders geartet als die neue Tätigkeit oder von sehr kurzer Dauer war, wie bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit sowie bei Werkstudenten und auch bei einer Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung verbunden ist. Hier sieht das BVerfG eine einschränkende Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG als geboten an.

Der betrieblichen Praxis ist mit diesen unscharfen Abgrenzungskriterien nicht geholfen, so dass sachgrundlose Befristungen nach einer Vorbeschäftigung künftig vermieden werden müssen. Dazu haben Arbeitgeber bei der Besetzung von sachgrundlos befristeten Stellen künftig vorab etwaige Vorbeschäftigungen der vor ihnen sitzenden Bewerber aufzuspüren. Ihre eigene interne Dokumentation wird – nicht zuletzt aufgrund der datenschutzrechtlichen Vorgabe, Daten früherer Arbeitnehmer nach angemessener Frist zu löschen – dafür kein zuverlässiges abschließendes Ergebnis liefern können. Sie dürfen die Bewerber jedoch nach einer Vorbeschäftigung fragen und diese sind zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft solllte zu Beweiszwecken in der Personalakte dokumentiert werden.